02. März 2022 | Industry Insights

Die Kältebranche gerät mehr und mehr unter Druck: Natürliche Kältemittel sind die Zukunft

Gesetzgeber weltweit limitieren F-Gase und beschleunigen die Transformation der HVAC&R Industrie. Eine längst fällige Entwicklung, bedenkt man, dass das Montrealer Protokoll bereits 1987 mit dem Ziel verabschiedet wurde, die weltweite Produktion und die Verwendung von Stoffen, die die Umwelt belasten, zu reduzieren und auf lange Sicht zu verbieten.

Der Klimawandel erhöht den Druck

Die Zeit der Ausreden und langen Aufschub-Prozesse ist nun endgültig vorbei. Die HVAC&R Industrie befindet sich in Mitten einer historischen Transformation. Eine Entwicklung, die niemanden in der Industrie überraschen dürfte. Trotzdem gehen die gesetzlichen Einschränkungen, die global beschlossen wurden, mit massiven Folgen für die Kälteindustrie einher. Dies ist verständlich, wenn man bedenkt, dass der Marktanteil der klimaschädlichen F-Gase bei den Kältemitteln aktuell immer noch bei über 97 Prozent liegt. Die Industrie gerät mehr und mehr unter Druck. Leider führt dies dazu, dass Unternehmen nicht konsequent in grüne Lösungen, sondern in umweltschädliche Übergangskältemittel – Hydrofluorolefine (HFOs), die sogenannten Low GWP-Kältemittel, investieren.

Die Folgen inkonsequenter Investitionen sind groß

Die HFO-basierenden Alternativen besitzen zwar ein reduziertes Treibhauspotenzial (GWP, Global Warming Potential), sind aber gering brennbar und wirken sich negativ auf die Umwelt aus. Denn beim Abbau des HFOs in der Atmosphäre entsteht unter anderem Trifluoressigsäure (TFA(A)), die in der Umwelt nicht abbaubar ist. Denn TFA ist hochmobil und gelangt bis ins Grund- und Trinkwasser. Selbst in der Trinkwasseraufbereitung ist es aktuell nicht möglich diesen Stoff heraus zu filtern. Deshalb gilt es als sehr wahrscheinlich, dass es in Zukunft weitere Einschränkungen und sogar eine Überarbeitung der F-Gas-Verordnung geben wird.

Zukunft gehört natürlichen Kältemitteln

Illegale Importe fluten den Markt

Nachdem anfangs kein Effekt auf dem Weltmarkt spürbar war, wirkt sich die Verschärfung der F-Gas-Verordnung inzwischen stark auf die Verfügbarkeit und die Preise der Kältemittel aus. Dies ruft natürlich auch Kriminelle auf den Plan. Schließlich ist der illegale Import von HFKW-Kältemitteln ein profitables Geschäft. „Sie machen mehr Geld, als wenn sie Drogen verkaufen würden“, sagt Alessandro Borri, Vertriebsdirektor des italienischen Konzerns General Gas, der sich auf den Vertrieb von Kältemitteln spezialisiert hat. Die Kältemittelhersteller schätzen, dass der illegale Anteil 2018 bis zu 34 Mio. Tonnen CO2 betragen haben könnte, was einem Drittel der gesetzlichen europäischen Quote entspricht.
Doch damit ist jetzt Schluss. Die EU zieht, nach harscher Kritik von Umweltämtern und Verbänden, die Zügel spürbar an und intensiviert ihre Bemühungen, den Handel mit illegalen Kältemitteln zu unterbinden. Verstöße werden immer öfter aufgedeckt und härter bestraft. So gelang es den Behörden im August 2020 76 Tonnen an illegalen HFKW-Gasen sicherzustellen und zu verhindern, dass sie in Europa in Umlauf kommen. (Mehr Informationen dazu im Paper „Eiskaltes Verbrechen – Der Illegale Handel mit HFKW-Kältemitteln in der EU“ der environmental investigation agency (eia) vom Juli 2021)
Zudem hat die britische Umweltbehörde im September 2021 eine Strafe von über eine Million Pfund verhängt. Der Grund: Das bestrafte Unternehmen hatte die Quote der in Verkehr gebrachten HFKW überschritten.

Auch das Deutsche Umweltbundesamt übt Druck aus

Es setzt sich aktiv für eine Beschleunigung des Prozesses ein und zeigt Möglichkeiten auf, Emissionen durch Vermeidung, sachgerechte Entsorgung und Wiederverwendung zu verringern.

96 Prozent des Weltmarktes planen ein Phase-Down von F-Gasen

Im Oktober 2016 wurde die Erweiterung des Montrealer Protokolls durch die Kigali-Änderung von 197 Ländern verabschiedet. Dadurch soll eine Erwärmung von bis zu 0,5 °C bis Ende des Jahrhunderts verhindert werden. Die Kigali-Änderung trat am 01. Januar 2019 in Kraft und trägt einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele des Montrealer Protokolls bei. Sie verpflichtet Industrie- und Entwicklungsländer in unterschiedlichem Maß dazu, die Produktion und die Verwendung der HFKW-Kältemittel zunächst konstant zu halten und in den Folgejahren zu vermindern.

Nachhaltigere Technologien in der Kältebranche

In Industrienationen darf demnach ab 2036 der Anteil an F-Gasen nur noch 15 Prozent ausmachen. Auch Schwellenländer beginnen ihren Beitrag zu leisten: Länder wie Tunesien, Kamerun und China ratifizierten die Änderung zum schrittweisen Abbau von HFKW-Kältemitteln. Zudem hat Indien dem erweiterten Abkommen zugestimmt. Ein großer Fortschritt im Kampf gegen hohe Emissionen und Umweltbelastungen. Schließlich gilt Indien zusammen mit China und den Vereinigten Staaten, als eines der Länder mit der höchsten HFKW-Emission.

Die schrittweise Abkehr von HFKW beginnt für diese Länder ab 2032 mit einer kumulativen Reduzierung von 10 Prozent. Im Jahr 2037 soll die Reduzierung 20 Prozent betragen und bis 2047 um 80 Prozent zurückgehen.

Auch Entwicklungsländer erhalten Unterstützung, um den Wandel hin zur effizienten, klimafreundlichen Kühlung voranzutreiben. Dazu haben bereits im Vorfeld der Tagung des Montrealer Protokolls in Kigali, Ruanda, führende Klimastiftungen zusammengearbeitet und mehr als 50 Millionen US-Dollar zugesagt. Dies ist die größte philanthropische Einzelzusage, die jemals zur Förderung der Energieeffizienz in den Entwicklungsländern gemacht wurde.

Ein Jahr später gründeten diese Initiative das Kigali Cooling Efficiency Program (K-CEP), das jetzt unter Clean Cooling Collaborative agiert.

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Endlich setzen sich auch die USA wieder aktiv ein

Biden drängte im November 2021 in einer Botschaft an den Senat auf eine Ratifizierung „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“. Dies würde den Vereinigten Staaten helfen, bei der Entwicklung von Alternativen zu HFKW führend zu bleiben und amerikanischen Unternehmen Zugang zu den wachsenden Märkten für Kühlgeräte im Ausland zu verschaffen. Zudem wurde bereits am 27. Dezember 2020 der American Innovation and Manufacturing (AIM) Act vom Kongress verabschiedet. Darin wird die EPA (eine Bundesbehörde der Vereinigten Staaten) angewiesen, gegen HFKWs vorzugehen. Die Produktion und der Verbrauch soll schrittweise eingeschränkt, die Rückgewinnung maximiert, die Freisetzung aus Geräten minimiert und der Übergang zu Technologien der nächsten Generation durch sektorbezogene Beschränkungen erleichtert werden. Die USA gehen sogar noch weiter und ziehen zudem das Verbot von R410A, eines der am meisten verwendeten Kältemittel am Markt, in Betracht.

Umstieg auf natürliche Kältemittel

Die REACH-Verordnung verschärft die Situation

Aber auch in anderen Bereichen der Industrie scheint sich etwas zu tun. Die Behörden in Deutschland, den Niederlanden sowie den skandinavischen Ländern Norwegen, Schweden und Dänemark haben mit der Ausarbeitung eines gemeinsamen Vorschlags – der REACH-Verordnung, begonnen. Darunter versteht man die Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien, die am 01. Juni 2007 erstmalig in Kraft trat und seitdem einmal im Jahr 2020 angepasst wurde. Die Idee des REACH-Systems basiert auf dem Grundsatz der Eigenverantwortung der Industrie. Das Prinzip no data, no market greift auch hier und legt fest, dass innerhalb des Geltungsbereiches nur noch chemische Stoffe in Verkehr gebracht werden, die vorher registriert worden sind. Jeder Hersteller oder Importeur, muss sicherstellen, dass die importierten Stoffe, zumeist Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS), eine eigene Registrierungsnummer besitzen.

Unzählige Stoffe werden als gefährlich eingestuft

Die PFAS umfassen eine Gruppe von über 4700 chemischen Stoffen, die nachweißlich das Grund- und Oberflächenwasser sowie den Boden massiv schädigen und obendrein schwer abzubauen sind. Der Vorschlag umfasst alle Stoffe, die eine CF2-Gruppe oder eine CF3-Gruppe aufweisen – Eigenschaften, die HFC- und HFO-Kältemittel gemeinsam haben. Dadurch sollen Gesetzeslücken geschlossen werden, die es in der Praxis erlauben, die F-Gas-Verordnung zu umgehen. Zu den HFKW, die die Länder als PFAS identifiziert haben, gehören: R32, R134a, R125, R143a und R152a. Zu den HFOs gehören R1234yf, R1234ze(E) und R1233zd(E). Die F-Gas-Industrie in Europa wehrt sich gegen diese Einstufung und argumentiert, dass einige dieser Kältemittel nicht gefährlich und für einen Ausstieg aus der Verwendung von F-Gasen irrelevant sind. Zudem kritisieren die Gegner, dass REACH nur europäische beziehungsweise im Europäischen Wirtschaftsraum produzierende Unternehmen betreffe. Das führe zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber importierenden Unternehmen.

Wie wird der F-Gase-Phasedown die Kältebranche verändern?

Erfahren Sie, wie die Gesetzgebung den Weg für unsere Vision ebnet.

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Wandlung braucht kluge Investition

Jetzt kommt es auf die Weitsichtigkeit der Industrie an. Ein weiter so ist nicht möglich, Ausflüchte und inkonsequente Investitionen wie zum Beispiel in Brückenkältemittel zahlen sich langfristig nicht aus. Wer seine Betriebssicherheit nicht gefährden möchte, sollte jetzt nachhaltig investieren.

Betrieb konventioneller Kältemaschinen immer unattraktiver

Doch wie in allen Bereichen, gibt es unterschiedliche Interessengruppen. Steigt auf der einen Seite die Nachfrage nach natürlichen Alternativen wie Wasser, CO2, Ammoniak, Luft oder Propan signifikant, verbreitet die F-Gase-Lobby Fehlinformationen. Doch verhallen diese Fake News immer mehr, denn auch Endverbraucher lassen sich nicht blenden. Greenwashing ist keine Lösung, die überzeugt. Preis-Leistung wird hinterfragt und eine nachhaltige Produktion gefordert.

Entscheidungskriterien Effizienz und Nachhaltigkeit

Transformation mit Weitblick

Bereits 2007 kam das Buch: The Clean Tech Revolution: The Next Big Growth and Investment Opportunity auf den Markt. Die beiden Autoren Ron Pernick und Clint Wilder sagen voraus, dass saubere Technologien, angesichts der Herausforderungen wie Energiepreisspitzen, Ressourcenknappheit, globalen Umweltproblemen und Sicherheitsbedrohungen, der nächste Motor des Wirtschaftswachstums sein werden. Als Innovationstreiber bezeichnen sie die sechs Cs: Cost, Capital, Competition, China, Customer und Climate, die saubere Technologien in den Mainstream drängen werden. 14 Jahre später zeigt sich wie weitsichtig ihre Prognosen sind. Saubere Technologien sind unbestreitbar unsere Zukunft: ökologisch und ökonomisch.

Innovative Technologien machen Wasser heute optimal als Kältemittel nutzbar und damit hocheffizient. Wir beraten Sie gerne zu Ihren Investitionsmöglichkeiten rund um das vielversprechendste natürliche Kältemittel auf dem Markt.