31. Juli 2020 | CEO SpotlightIndustry Insights
Wissen Sie eigentlich, wie Gebäude, Datenzentren, Autos, Lebensmittel und ganze Industrien gekühlt werden? Wie groß der Markt für diese Kältetechnik ist? Was Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit mit Kältemaschinen zu tun haben?
Nein? Sie sind in guter Gesellschaft. Die Kältebranche wird von Investoren, Politik und Medien gerne übersehen. Zu Unrecht – denn diese, auf den ersten Blick unauffälligen Branche, ist zukunftsweisend. Genauer gesagt, wird sie in Zukunft auf mehreren Ebenen eine entscheidende Rolle für Mensch und Umwelt spielen. In diesem Blog-Beitrag haben wir die acht Dinge zusammengetragen, die Sie unbedingt über die Kälteindustrie wissen sollten.
Die Kälteindustrie trägt aktuell mit acht Prozent des globalen CO2-Ausstoßes maßgeblich zur Klimaerwärmung bei. Aufgrund mangelnder Energieeffizienz werden jährlich über 17 % des weltweiten Energieverbrauchs für Kühlung und Klimaanlagen verwendet. Allein in Deutschland macht der Energieverbrauch für Heizung und Kühlung 50 % des Gesamtenergieverbrauchs aus. Damit ist die Kältebranche ein unscheinbarer, aber gewaltiger Treiber des Klimawandels.
Prognosen gehen davon aus, dass sich allein die asiatisch-pazifische Mittelschicht bis 2030 auf mehr als 3 Milliarden Menschen verdreifachen wird, was rund einem Drittel der globalen Gesamtbevölkerung entspräche. Das Wetter dort? Heiß. In Zukunft noch heißer. Immer häufiger auftretende Hitzewellen und saisonale Temperaturanstiege treiben die Nachfrage nach Kühlung auf der ganzen Welt an.
Laut der Green Cooling Initiative (GCI) des GIZ Proklima werden bis 2050 rund 9,5 Milliarden Kühlgeräte weltweit im Einsatz sein. Dies entspricht mehr als dem Zweieinhalbfachen der heutigen Menge. Wenn die Kälteindustrie keine umfassenden Verbesserungen in punkto Energieeffizienz erzielt, wird sie den Energieverbrauch um 90 % weiter steigern.
Wieso trägt die Kältebranche so erheblich zur Entwicklung des Weltklimas und der Umweltbelastung bei? Ihre Klimaanlage könnte Ihnen eine Antwort auf diese Frage geben. In Kältemaschinen und Klimageräten werden extrem klimaschädliche Stoffe als Kältemittel eingesetzt.
Ersetzen wir gängige Kältemitteln und Kältetechnologie nicht, werden sich die jährlichen Treibhausgasemissionen der Kältebranche bis 2050 mehr als verdreifachen. Ungefähr ein Drittel dieser Emissionen ist auf Kältemittel-Lecks zurückzuführen. Diese heizen die Atmosphäre auf und sind eine Gefahr für Mensch und Umwelt.
Klimaschädliche Kältemittel sind allerdings nicht die einzige Problematik der Kältebranche. Synthetische Kältemittel funktionieren in Kombination mit Kältetechnik, die Jahrzehnte alt ist und nicht energieoptimiert arbeitet. Dies führt zu energieintensiven Kälte-Prozessen, die durch ihren enormen Stromverbrauch viel CO2 freisetzen.
Die Hälfte des Energieverbrauchs in der EU entfällt auf Heizung und Kühlung. Zwei Drittel der Treibhausgasemissionen der Kältebranche sind auf den Stromverbrauch der Maschinen zurückzuführen. Das Problem ist bekannt von alten Haushaltsgeräten, die wesentlich mehr Strom verbrauchen als neue Modelle.
Erstaunlich, dass der CO2-Ausstoß der Luftfahrtbranche ein Dauerthema der Klimadiskussion ist. Dagegen herrscht Schweigen, wenn es um die Bekämpfung des Klimawandels in der Kältebranche geht. Globale Beschlüsse und lokale Gesetzgebungen ändern das nun.
Der Kigali-Beschluss leitet den weltweiten Phasedown klimaschädlicher Kältemittel ein und ist seit Januar 2019 in Kraft. In Europa setzt die F-Gase-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 517/2014) den Phasedown seit 2015 mit einer schrittweisen Verknappung teilfluorierter Kohlenwasserstoffe (HFKW) auf ein Fünftel um. Die Gesetzgebung ist nicht nur weltweit gültig, sie betrifft auch alle Bereiche, die Kälte bzw. Klimatisierung in Anspruch nehmen.
Was tun Hersteller von synthetischen Kältemitteln, wenn ihre Kältemittel in Verruf kommen, gesetzlich verknappt oder gar verboten werden? Sie entwickeln neue synthetische Kältemittel. Die sogenannten Low GWP entstammen der selben Familie der bereits in den 80-er Jahren verbotenen FKW und der verknappten HFKW, haben allerdings ein geringeres Treibhausgaspotential.
Das ist keine nachhaltige Lösung und schon ab 2030 nicht mehr gesetzeskonform. Gleichzeitig ist das Ausmaß der Folgen für die Umwelt aus heutiger Sicht kaum absehbar. Studien haben bereits ergeben, dass das gängige Kältemittel R1234yf innerhalb von zwei Wochen nach seiner Freisetzung das atmosphärische Abbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA) bildet, das zum Beispiel auch in unser Trinkwasser übergeht. TFA ist persistent, das heißt in der Umwelt praktisch nicht mehr abbaubar. Das hat dazu geführt, dass die neuen Low GWP Kältemittel in einigen EU Ländern bereits 2019 aus der Förderung genommen wurden.
So kommen viele negative Fakten über die Kältebranche zusammen, die dringend adressiert werden müssen. Und doch wird und kann sich an dem täglich steigenden Bedarf an Kühlung nichts ändern. Im Gegenteil: Wenn wir die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen erreichen wollen, müssen wir den Zugang zu sauberer und erschwinglicher Kühlung für alle ermöglichen.
Ändern muss sich also die Kältebranche selbst. Und hier unterscheidet sich der Kältesektor von vielen anderen. Nachhaltigkeit ist kein schwer zu erreichendes Zukunftsszenario in der Kältebranche, das auf Innovation hoffen muss, die noch in den Kinderschuhen steckt.
Wussten Sie, dass ab 2030 auch Kältemittel mit niedrigem Treibhausgaspotential nicht mehr gesetzeskonform sind?
Zum Artikel6. Natürliche Kältemittel sind die klimafreundliche Alternative
Natürliche Kältemittel sind so alt wie unser Planet. Sie entstehen natürlich, sind frei verfügbar und werden zum Teil seit Jahrtausenden zur Kühlung eingesetzt. Auch dieses Prinzip ist bekannt: Erneuerbare Energien nutzen die Kraft der Natur, in Form von Wind, Geothermik oder Wasser, um Strom zu erzeugen.
Die Kältebranche nutzt ähnliche Mittel, wie Propan, Ammoniak, CO2 oder Wasser, die natürlichen Ursprungs sind und nicht speziell hergestellt oder gewonnen werden müssen. Natürliche Kältemittel sind klimaneutral, umweltfreundlich und gesetzeskonform.
Warum synthetisch, wenn es natürlich geht? Lange Zeit fehlte es den natürlichen Kältemitteln an Leistung. Sie konnten bestenfalls ergänzend und in kleinem Stil verwendet werden. Langjährige Entwicklungsarbeit hat diese Herausforderung nun mit innovativer Kältetechnologie gemeistert.
Neue CleanTech-Lösungen arbeiten mit CO2, Ammoniak, Propan oder Wasser als Kältemittel und reduzieren den CO2-Ausstoß. Die klimaneutrale BlueZero Technology bietet mehr als 20 % Energieeinsparungen, was zu wesentlich geringeren CO2-Emissionen bei der für die Herstellung benötigten Energie führt.
Das nachhaltigste Kältemittel der Welt verwendete man vermutlich schon im alten Ägypten: Wasser. Heute ist es als Kältemittel wieder auf dem Vormarsch. Unter den natürlichen Kältemitteln kommt es dem idealen Kältemittel am nächsten.Kein Treibhausgaspotenzial, überall verfügbar, nicht brennbar, nicht explosiv, umweltfreundlich und unschädlich sind nur einige der vielen Vorteile von Wasser als Kältemittel.
Zudem ist Wasser nicht nur dauerhaft gesetzeskonform, es wird als einziges sicheres Kältemittel speziell gefördert. Selbst im Fall eines Kältemittel-Lecks oder falscher Anwendung ist Wasser in jeder Hinsicht ungefährlich, auch für Anwender, Mensch, Umwelt und Klima.
Einerseits steigt die Nachfrage nach Kältetechnik rasant, denn die Welt braucht Kühlung mehr denn je. Andererseits heizt die gängige Kältetechnik selbst die Welt mit klimawirksamen Kältemitteln viel mehr auf als andere Sektoren. Mehr Nachfrage bedeutet also auch mehr Schaden für Klima, Mensch und Umwelt. Ein klassischer Teufelskreis, aus dem wir nur aussteigen können, indem wir umsteigen – auf natürliche Kältemittel und innovative Technologie.